¡Ciudad de México - Tenemos un Problema!

Heute war eigentlich viel Zeit ... Treffpunkt mit der Truppe war zwischen 15:30 und 17:30 an der letzten Tankstelle vor der Grenze. Das sind runde 65 Meilen von hier, also kein grosser Deal. Ich habe viel Zeit! Ausserdem ist die Strecke zwischen Terlingua und Presidio, TX unter Motorradfahrern bekannt als die beste Strecke in ganz Texas. Landschaftlich ein Leckerbissen, gut asphaltiert, kurvig ohne Ende und als Zusatzbonbon auch noch mit steilen Passagen auf und ab. In manchen Kreisen auch als die ‘Achterbahn‘ betitelt.

Aber bis dahin ist noch viel Zeit ... erst mal eine Runde frühstücken. Tanken brauche ich noch nicht, das geschieht kurz vor der Grenze noch bis zum Stehkragen. Also brauche ich auch nicht an der Tanke vom Vortag zu frühstücken und kann endlich mal ‘Espresso Y Poco Mas‘, das neue Café oben neben dem General Store ausprobieren (vgl. Kapitel ‘the Porch‘).

Gesagt getan, es gab ein ordentliches Frühstück und auch guten Kaffee. Die Wartezeit war etwas lang, aber ich hatte ja Zeit. Überraschend gab es auch schnelles, umsonstes WiFi – hier in dieser Gegend wo es oft keinen einfachen Internetzugang gibt. Eigentlich war der ganze Betrieb auch zu sauber und zu reibungslos für Terlingua, aber die Zivilisation scheint auch hier Einzug zu halten ... .




Das Plätzchen war schattig, eine leichte Brise sorgte für angenehme Frische, die Aussicht war fantastisch, ich konnte die Mule Ears sehen und es gab auch genügend Peoplewatching, da ein reger Betrieb von Gästen ein Laufkino der eigenen Art bot. Mit den verschiedenen Tischnachbarn konnte auch das ein oder andere Schwätzchen gehalten werden.

Irgendwann muss aber auch das perfekteste Frühstück ein Ende haben und man muss weiter ... .

Ich hatte an den Vortagen schon mal per SMS gefragt wie ich die Truppe überhaupt erkenne.

Die Antwort:
“You will know us when you see us“
Nach der herrlichen FM 170 bis Presidio – Fotos kommen auf dem Rückweg – kam ich mit etwas Zeit so kurz nach 15:00 Uhr an besagter Tankstelle in Presidio, Texas an.

Yupp – da waren sie auch schon alle, wirklich sehr einfach zu erkennen. War schon eine dämliche Frage, die ich da gestellt hatte.




Grant, Initiator des Trips ging geradewegs auf mich zu und musterte mein Mopped ... “Wie ... mit dem kleinen Ding willst du mit uns mitfahren ...?“ und schüttelt den Kopf ... er glaube nicht dass das das richtige Gerät sei – zu klein und zu langsam ...!

Ich schaute mich um. Es war ein weites Feld von grossvolumigen Adventurebikes. Ausser den Boliden aus dem Hause BMW konnte ich noch eine Africa Twin und eine Moto Guzzi Stelvio ausmachen ... .
Nach ein paar weisen Worten zur Grenzüberquerung an die Allgemeinheit, “Reisepass und Papiere griffbereit und Jacken ausziehen ...“ ging es los ... zum Grenzübertritt ...:




... nein erst noch mal zum Duty Free Shop ... die Raucher brauchen natürlich steuerfreie Zigaretten ...

Nun geht es endlich weiter zum Grenzüber ...

... nein, nun mussten einige noch zur letzten Besorgung zum Dollar General Store, eine Ladenkette im amerikanischen Hinterland mit verschiedensten Kurzwaren ... was um alles in der Welt muss da noch eilig gekauft werden ...?!?

Schlussendlich ging es dann doch zum Grenzübertritt. Ich war eigentlich gut gerüstet; als Deutscher ist die Notwendigkeit eines Reisepasses ja kein fremdes Konzept – Amerikanern muss das oft allerdings noch erklärt werden. Für die Einfuhr des eigenen Fahrzeugs ist es etwas trickreicher. Für den grenznahen Bereich innerhalb Mexicos genügt das Equivalent zum deutschen Fahrzeugschein, für weitreichendere Trips muss auch das Equivalent des Fahrzeugbriefs oder zumindest eine Kopie mitgeführt werden.

Hier wird es tricky – Texas hat keinen Fahrzeugschein, die Angaben für den Normalbetrieb befinden sich in dem übergrossen Registrierungsaufkleber bei Autos (dies ist etwa das Equivalent des deutschen Kreiswappens im Kennzeichen). Auf den kleinen Motorradkennzeichen ist der Aufkleber so klein dass da kein Platz für Details ist. Ich hatte mir noch kurz vor Abfahrt schnell eine Kopie von dem Schreiben gemacht, das es bei der Zulassung des Moppeds gegeben hatte – nur so für den Fall der Fälle.

Nach kurzem Durchwinken auf der amerikanischen Seite in Presidio ging es über den Rio Grande nach Ojinaga, Mexico. Fotos vom Übertritt gits keine.
Dort wurden wir auch alle in separate Buchten gewunken und von den Grenzern überprüft. Reisepass – kein Problem, ... wo geht es hin?

– “nach Benavides ...“

- “nach wo ...?“

- “Benavides“

- “nie gehört ...!“

Orte dessen Existenz bezweifelt werden kenne ich bislang nur Bielefeld ... aber hier scheint es einen neuen Fall zu geben ... .

Da fiel mir ein dass der Ort Benavides auch gelegentlich auf texanischen Enduro Webseiten als ‘San Carlos‘ bezeichnet wird. Vielleicht versuche ich es mal damit?

- “San Carlos ... „

- “¡Ah ... San Carlos!“ ... das schien er zu verstehen ...

... ich habe das später mal noch recherchiert, San Carlos war der ursprüngliche Name des Ortes und ist 1937 mit vielen anderen Orten in der Region von den kirchlichen Bezeichnungen weg und hin zu Mitstreitern des mexikanischen Bürgerkriegs von 1910 bis 1920 geändert worden. San Carlos ist in dem Zuge zu Manuel Benavides umbenannt worden.

Die Papiere wollte er dann aber trotzdem noch sehen um die Fahrgestellnummern abzugleichen ... dazu musste ich ihm zeigen wo die Fahrgestellnummer zu finden ist, weiter hat es ihn dann aber nicht interessiert und ich durfte weiter fahren.

Sammelpunkt war hinter‘m Zaun.




So nach und nach kamen alle raus, aber am Ende fehlten noch 4 Leute ... . Einige hatten Sena Interkom und hatten Sprechverbindung untereinander im Helm. Da konnte nachgefragt werden.




Der Sachverhalt war– und man konnte es fast ahnen - die fehlende Kopie von der Zulassung. Die Grenzbeamten sagten ohne dem gebe es keinen Einlass nach Mexico – ausser sie würden ein Auge zudrücken, aber das koste dann 200 Dollar pro Person und Auge ... . Gut dass sie nicht beide Augen zudrücken müssen ... .

Grant, intimer Kenner der Korrup... – moment, keine K-Wörter mehr hinter der Grenze (und davon gibt es hier in der Region mehrere) – also intimer Kenner der lokalen Bürokratie sagte er fährt mal schnell gegen die Richtung zurück und wolle es auf 100 Dollar pro Person runterhandeln.

Aber es kam ein weiterer Einwand von einem unserer Mitfahrer. Er war gebürtiger Mexikaner und sein Vater bekleidet ein hohes Amt bei einer Bundesbehörde in Mexico City. Da hat er mal schnell angerufen ... “Mexico City – we have a problem ... “ ... .
Dieser hatte dann schnell per Telefon die gesamte Grenzstation strammstehen lassen und zwei Minuten später wurden auch unsere fehlenden 4 Freunde mit einem freundlichen Schulterklopfen ins Land gelassen ... .



der Pico-Bär wartet geduldig

Erster Stop im Land ist dann der grosse Supermercado in Ojinaga, um ein paar Besorgungen zu machen. Was ist es bloss mit dem ganzen Shoppen – ich dachte auf Männertrips wird nicht geshoppt ...!?



Dort auf dem Parkplatz konnte ich mich erstmal der Mannschaft vorstellen, denn ich kannte ja eigentlich niemanden.

Einige sagten: “Oh ... wir haben schon im Big Bend von dir gehört ...“

- “ähm ... was ...?!“

- “ja, gestern im Big Bend Park bei den Hot Springs hat man uns schon von dir erzählt ... die schwedische Familie hat uns von einem Chris berichtet der auch ein BMW Motorrad habe ... .“

- “was für eine schwedische Familie ...? Ich kenne keine schwedische Familie ...“. Ich bin auf diesem Trip auch gar nicht an den Hot Springs gewesen ... . Da muss ich noch eine Weile drüber grübeln ... .

So langsam kamen alle aus dem Supermarkt wieder hervor. Grant hatte Tequila in grossen Plastik-Kanistern gekauft und noch vor Ort expeditionsgerecht in einen weissen 1.75 Galonen Rotopax Pack umgefüllt ... das sind über sechs einhalb Liter. Da sprechen wir nochmal drüber ... .

https://rotopax.com/175-gallon-water.html

Zusätzlich habe ich mich noch etwas nützlich gemacht und habe ein paar Dollar für das lokale rote Kreuz gespendet. Da kriegt man in Latein Amerika im Gegenzug oft einen Aufkleber. Diese Aufkleber helfen Milde zu stimmen bei Kontrollen aller Art (noch so ein K-Wort) ... . Ich kenne das noch aus den alten Tagen als ich mit meinem VW Bus durch Mittelamerika bin. Da klebten immer diverse Aufkleber vorne links auf der Scheibe.



salvar una vida

Die Strecke bis jetzt:
https://kurv.gr/U2opw


Weiter gehts in Richtung Benavides ... .