02. September 2014


Um 4.30am meldete sich mein Smartphone. Klar, ich hatte hier unten natürlich keinen Empfang, aber als Wecker taugte es ganz gut. Es war noch ganz schön dunkel und die Morgentoilette wieder entsprechend interessant (Ihr erinnert Euch? Kontaktlinsen!). Holger und die großen standen dann auch bald auf.

Mühe hatten wir mit unserem kleinsten Gruppenmitglied. Der wollte sich nicht anziehen, weil ihm das Bein wehtat. Erst wussten wir nicht, was mit ihm los war. Aber nach einer Weile kam mir der Verdacht, dass das Kerlchen wohl Muskelkater hatte. Oweh. Nun erkläre dem Kleinen mal, dass es weniger weh tut, wenn er sich nur weiterhin bewegt. Es war ein Akt ihn angezogen zu bekommen und aus dem Zelt.

Wir nahmen uns die Zeit, ordentlich zu frühstücken: Müsli. Wieder sehr lecker. Und frischen Kaffee gab es auch wieder. Danach wurde alles zusammen gepackt und in die Rucksäcke verteilt. Wir füllten nicht nur die Wasserschläuche mit Quellwasser, sondern noch zusätzlich die Flaschen, die wir gestern gekauft hatten. Das sollte unsere Wegzehrung bis Supai sein.

Um 6.30am brachen wir schließlich auf. Leider! Es war so unheimlich schön hier. Ich hätte es auch noch ein, zwei oder gar drei Tage länger ausgehalten. Wir machten noch einmal Stopp am Phönix und legten unsere 3 Rucksäcke an der angegebenen Stelle vor dem Campingplatz ab.
Als wir aufbrachen kam uns gerade ein Havasupai mit einer Reihe Reitpferden entgegen und ich musste mir das erste Mal an diesem Tag von Kevin die Beschwerde anhören, dass er hier nicht reiten dürfe (Das ist sein großes Hobby und er war einige Jahre im Reitverein). Ich meinte dazu nur, dass dies wohl sehr langweilig ist, da die Pferde alle im Schritt hintereinander hergehen müssten. Damit war nun erst einmal wieder Ruhe.


Bereits zu dieser Stunde war es schon wieder warm. Und unsere Halbliterflaschen waren allesamt leer bis wir in Supai waren. Natürlich machten wir noch einmal an dem kleinen Laden eine kurze Rast.

Als wir wieder auf dem Weg aus dem Dorf raus waren, passierten zwei Dinge. 1. Wir wurden direkt von einigen Wanderern in Deutsch angesprochen. Der Bayer meinte nur, wir würden direkt nach Deutschen aussehen. Wir unterhielten uns eine Weile und gingen dann weiter.

2. Die Reiter überholten uns. Und was soll ich sagen. Die durften alle ganz alleine für sich reiten. Nix angebundene Pferde! Und auch kein Guide war zu sehen! Kevin betonte diesen Sachverhalt sehr deutlich. Und dann kam’s Dicke: Hinter uns hörten wir eine Frau rufen: „Stopp! Stopp the horse! I don’t want to go ahead.....“ Und wir sahen, wie eine junge Inderin sich verzweifelt auf dem Pferd hielt, eine Hand am Sattelknauf, eine Hand am Zügel ziehend aber gleichzeitig drückte sie Ihre Beine in die Seite des Pferdes. Da das Pferd nun überhaupt nicht wusste, was es sollte, trabte es lustig den anderen Pferden hinterher. Die Inderin dopste auf dem Pferderücken herum und im gleichen Takt dopste Ihr Busen in der Bluse rauf und runter.

Ich ermahnt die Jungs zur Seite zu gehen, weil nicht so ganz klar war, was Pferd und Reiterin als nächstes tun würden. Etwas entfernt rief ein Mann - wohl Ihr Mann. „Relax! The Guide is coming!.... “ Irgendwie schaffte es die Frau, Ihr Pferd anzuhalten. Da sie aber weiter am Zügel zog, ging das Pferd nun rückwärts, was der Dame auch wieder nicht gefiel.

Ich sag Euch, es war ein Bild für die Götter. Aber eine Strafe für Kevin. Der beschwerte sich vielleicht: Wie ungerecht das sei! Er dürfe nicht reiten, dabei könne er das! Und die Frau, die gar nicht reiten will und kann, sitzt auf dem Pferd. Das ist Beschiss! Und und und....

Da wir weiter mussten. Ließen wir Pferd und Reiterin hinter uns. Und auch Kevin konnte sich nach einer Weile wieder beruhigen. Als wir den kleinen Pfad am Bachlauf entlang folgten, überholten uns die nächsten Tiere....

....und unsere Rucksäcke. Im vorbeigehen konnte ich alle Drei Rucksäcke ausmachen. Sehr gut! Das hatte also geklappt! Allerdings würden die Rucksäcke wohl viel früher als wir oben ankommen.



Wir wechselten uns alle halbe Stunde mit den zwei verbliebenen Rucksäcken ab. Im Canyon war es meist schattig und wir kamen wirklich sehr gut voran. Marwin marschierte in einem guten Tempo. Und so waren die ersten Meilen auch sehr schnell geschafft.

















Wir wollten wieder an der gleichen Stelle wie auf dem Hinweg Pause machen. Doch als mein GPS die entsprechenden Meilen anzeigte, konnten wir unseren Platz von 2 Tagen zuvor nicht ausmachen. Langsam machte sich ein Verdacht in mir breit und inzwischen weiß ich, dass ich recht hatte: Mein GPS hatte Probleme in dem Canyon den Weg zu verfolgen. Deshalb zeigte es auf dem Hinweg viel mehr Meilen an, als angegeben waren. Und deshalb fanden wir auch unseren Pausenplatz nicht wieder.
Allerdings war nun auch nicht auszumachen, wie lange wir noch zu gehen hatten.





Ja, und dann kam die Sonne! Der Canyon öffnete sich und es gab kaum noch Schatten. Eine ganze Weile marschierten wir so noch recht eben immer den Canyon entlang.









Immer wieder kamen uns Havasupai entgegen oder überholten uns mit ihren Pferden. Und irgendwann überholte uns auch der Guide mit dem indischen Pärchen. Er hatte das Pferd der Inderin zwischen sein Pferd und die Packtiere gespannt. Aber wirklich auf Tuchfühlung - eh A*-Fühlung. So ging es im Schritt vorwärts. Und trotzdem klammerte sich die Frau noch ängstlich am Sattelknauf fest. Der Mann durfte zwar alleine hinterher reiten, kam aber auch nicht schneller vorwärts. Man sah ihm direkt an, wie er sich darüber ärgerte!

Mehrmals schon konnten wir unser Ziel sehen - sehr weit über uns. Und die Querverbindung zwischen Canyon und dem steilen Aufstieg am Ende zog sich elendig in die Länge. Und das in der prallen Sonne!

Marwins Motivation verschwand zusehends. Er wollte nicht mehr und fing an zu meutern. Er sah auch nicht sehr gut aus. Er hatte einen tiefroten Kopf. Wir verlangsamten das Tempo. Als gar nichts mehr ging, schütteten wir ihm Wasser direkt aus dem Wasserschlauch über den Kopf. Das fand er gar nicht gut und maulte noch mehr.
Mit viel Reden brachten wir ihn ein Schritt vor den anderen weiter. Wir motivierten ihn damit, im nächsten Schatten eine Pause zu machen und mit einer Dose Coke! Die richtige ...mit Koffein ... die er normalerweise nicht trinken darf. Und es dauerte bis zum Anstieg, bis wir endlich Schatten fanden. Dort quetschten wir uns auf ca. 1,5 qm, damit jeder im Schatten saß.

Nun ging es an die letzten 1 bis 1,5 Meilen, die uns 500 Meter höher bringen sollten. Wir marschierten von Schatten zu Schatten. Marwin hörte nun wieder auf zu maulen. Er ging langsam aber stetig und man merkte deutlich, dass sein Tief eher ein Motivationsproblem war als ein konditionelles.
Wir überholten ein Pärchen. Dem jungen Mann ging es wirklich schlecht. Es war wohl kurz vor einem Kreislaufkollaps. Aber wir fünf hatten genug mit uns selbst zu tun. Und konnten uns nicht noch um die Beiden kümmern.

Langsam kamen wir dem Ziel immer näher. Marwin fing wieder an zu Quasseln. OK, er war über sein Tief drüber. Prima. Der letzte Schatten vor dem Ziel bestach mit einer fantastischen Aussicht.


Und wir erspähten einen großen Vogel. Ich war mir erst nicht sicher, um was es sich handelte und wir beobachteten das Tier eine ganze Weile. Inzwischen bin ich mir sehr sicher, dass es ein Condor gewesen ist. Aber mein Tele war irgendwo im Rucksack und ich einfach zu müde, um es hervor zu kramen. So blieb es bei der Beobachtung...

Die letzten Meter wurden in Angriff genommen. Und schließlich gegen 3pm waren wie wieder oben auf den Hilltop. Wir hatten es geschafft! Grandios!
Das GPS zeigte einen hinter uns liegenden Anstieg von 2786ft in 6:02h (Pausenzeit 2:03h). Die Strecke ist mit 10 Meilen angegeben (GPS hat hier ja kläglich versagt). Das macht eine rechnerischen Durchschnittsgeschwindigkeit von 1,6 mph....



Der Asphalt war hier so heiß, dass er total weich war. Die Schuhe klebten ungelogen daran fest. Der Wanderstock sackte ein. Wirklich Hammer!

Holger wollte mit Kevin unser Auto holen gehen. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie er das Schiff wenden wollte, um uns abzuholen. Aber OK, lass ihn mal machen. Wir anderen setzten uns in den Schatten einer kleinen Hütte, zu unseren Rucksäcken. Jeder in seinen Gedanken und total happy, es geschafft zu haben.
Nach einer viertel Stunde kam dann tatsächlich auch Holger mit dem RV angefahren. Boah, da gab es kalte Getränke.

Erstaunlicherweise war es gar nicht besonders heiß im Auto. Und auch der erwartete Gestank unseres übervollen Black-Tanks blieb aus. Das war toll. Wir schmissen die Rucksäcke einfach irgendwohin.

Inzwischen war auch das Pärchen oben angekommen. Als der Mann sah, dass wir einen RV hatten, fragte er nach etwas Wasser. Wir hatten keine Mineralwasser mehr und boten ihm kalte Softdrinks an. Aber die wollte er gar nicht. Wasser aus dem Tank täte es .
Sie waren mit einer Gruppe von Leuten unterwegs und mussten nun auf die anderen warten. Er wollte scheinbar zeigen, was er drauf hatte und war davon gezogen. Dies war aber - wie es sich gezeigt hatte - zu schnell gewesen und der Kreislauf machte nicht mehr mit. Am Ende war es ja noch mal gut gegangen. Aber es zeigte mal wieder sehr deutlich, dass man sich nach den Wetterbedingungen richten muss und seine Kräfte nicht überschätzen darf.

Nach der ersten Dose Cola ging es auch uns wieder viel besser und wir machten uns auf dem Weg zurück zur Route 66 . Diesmal sahen wir, wo wir lang fuhren. Jedenfalls die meisten von uns. Einige schliefen auch.





Natürlich hatten wir keine Lust auf den Campground an den Caverns. Ich hatte einen KOA-Campground in Seligman ausfindig gemacht. Normalerweise konnte man damit nicht viel falsch machen. Und einen Swimmingpool, WLAN und Laundry sollte dieser auch haben - und vor allem Full Hook-up!!!

Gegen 5pm kamen wir dort an. Die Dame an der Reception war super nett. Wir unterhielten uns eine ganze Weile und sie empfahl uns ein Diner in Seligman, wo wir als Gäste 10% Ermäßigung bekommen würden. Und die Betreiberin des Diners war eine Deutsche.
Wir sprangen nun erst einmal in den Pool. Danach beschlossen wir, essen zu gehen. Zum Selberkochen hatte nun keiner Lust.

Und Lilo’s Westside Café erwies sich als echter Glückgriff. Normalerweise ziehen wir es ja im Ausland vor, einheimische Küche zu probieren. Aber wenn es sich durch Zufall ergibt - wie hier- dann essen wir auch mal ein Schnitzel und trinken ein importiertes Hofbräu. Die Suppe des Tages, die es zu jedem Essen dazu gab, entpuppte sich als Linsensuppe. Dazu hatte der Laden einfach eine gigantische Atmosphäre.







Leider ließ sich die Chefin nicht blicken, so dass wir hätten mit ihr reden könne. Aber nach den Bildern an den Wänden zu urteilen, war die Familie inzwischen sehr gefestigt und integriert in der Gegend.

Wann wir wieder zurück waren weiß ich nicht mehr genau. Aber gesättigt durch gutes Essen und gigantischen Eindrücken gingen wir sehr schnell in die Betten.

Gefahrene Meilen: 95,1 mi
Zeit unterwegs: 10,5 h
Campground: KOA Seligman
Besonderheiten: Die Wanderungen hat es in sich - wir würden es aber immer wieder machen.
Und: Lilo’s Westside Café in Seligman ist ein Stopp wert!